In Work & Study

Wie man Fernsehbeiträge NICHT macht

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Ich war nicht immer so fame wie heute. Gut, auch heute bin ich nicht gerade die Rihanna der Blogger- und Journalistenszene. Eine Freundin meinte zwar, ich würde mit meinen unheimlichen Stalkingkünsten in ein paar Jahren Florian Klenk als Nr. 1 Enthüllungsjournalist Österreichs ablösen, aber bis dahin dauert es ja noch ein Weilchen.

Enthüllen ist auch das passende Stichwort für den heutigen Beitrag. Aber eigentlich wollte ich zunächst darauf hinaus, dass auch ich einmal angefangen habe, bevor ich in die Szene reingerutscht bin. Ich erzähle euch heute also eine Anekdote von meiner Ausbildung.

Wie ich bereits in einem früheren Beitrag erwähnt habe, habe ich eine Ausbildung zur Journalistin gemacht. In dieser Ausbildung wurden so ziemlich alle Bereiche des Journalismus abgedeckt – von Tageszeitungen über Magazine, Pressefotografie, Radio, Onlinejournalismus und Fernsehen. Um letzteres geht es heute. Wie das immer so ist, gibt es kaum jemanden, der das alles perfekt beherrscht, und so habe auch ich mich in einigen Bereichen besser angestellt, in manchen schlechter. Am besten ging es mir – welch Überraschung – bei Pressefotografie, Magazinjournalismus und beim Bloggen. Schlechter dagegen fielen meine Radiobeiträge aufgrund meiner viel zu hohen Sprechgeschwindigkeit und meine Fernsehbeiträge wegen zu viel Kreativität aus.

Gibt es denn zu viel Kreativität? Im Journalismus: Ja, eindeutig. Es sei denn, man arbeitet bei der Tagespresse.

Jedenfalls sollten wir lernen, wie man Fernsehbeiträge filmt und zum Schluss auch schneidet. An diesen Tagen hätte ich gerne schon im Voraus Regelschmerzen vorgetäuscht. Ich kann mir ja nicht mal die Fingernägel ordentlich schneiden, wie sollte ich es dann bei einem Fernsehbeitrag hinkriegen? Aber ich biss mich durch und tröstete mich mit dem Gedanken, dass das Verlassen der eigenen Komfortzone immerhin der persönlichen Entwicklung dient.

Ob ich mich an diesem Tag weiterentwickelt habe? Nun, darüber lässt sich streiten. Der Kursleiter fand es wohl nicht so toll, was meine Gruppe fabriziert hat, aber es sorgte definitiv für den einen oder anderen Lacher.

Wir sollten losgehen und Filmmaterial sammeln. Wer sich das jetzt wie eine Pokémonjagd vorstellt, liegt gar nicht mal so falsch, denn es war einiges an Laufarbeit. Das Thema sollte die Lärmbelästigung am Südring sein (Anmerkung der Redaktion: Der Südring ist eine lange Straße, auf der es sich zu Stoßzeiten immer staut und wo man auch nicht leben möchte, wenn man nicht masochistisch veranlagt oder taub ist. Zudem ist der Südring zu später Stunde bekannt für seine öffentlichen Verkehrsmittel. Und ich spreche nicht von Bus und Bahn.)

Wir liefen also am Südring entlang und versuchten, so viel Lärm wie möglich mit unserer Kamera einzufangen. Das brachte uns einige seltsame Blicke von den Passanten ein, denn wer filmt schon freiwillig den Südring?

Dann setzte ich mich ins Auto und ließ mich dabei filmen, wie ich mich über den zähen Verkehr aufregte. Schließlich ging es ja nur darum, in der Theorie einen guten Beitrag zu drehen. Ich bewies also meine Schauspielkünste, indem ich, auf die Frage hin, ob ich gerade vom Südring käme, theatralisch antwortete: „Ich glaube, man merkt schon an meinem Blick, dass ich gerade am Südring war. Das ist immer eine Zerreißprobe für die Nerven!“

In Wirklichkeit ist eher meine Anwesenheit am Südring eine Zerreißprobe für die Nerven der anderen Autofahrer, vor allem, wenn ich im Sommer das Dach aufmache und in voller Lautstärke zu „Durch den Monsun“ mitsinge. Aber das wusste da ja niemand.

Wir waren drei Mädels in der Gruppe, Theresa*, Michi* und ich. Wir ließen Theresa eine Anwohnerin am Südring spielen, die sich über den Lärm beschwerte, aber das war uns noch nicht genug, uns fehlte der Pep.

Ich sah an Michi herunter. Sie trug einen kurzen Rock und Stiefel.

„Michi…“, setzte ich an und versuchte, mein Anliegen so taktvoll wie möglich rüberzubringen. „Willst du vielleicht eine Nutte spielen?“

Gut, taktvoll geht anders. Zum Glück lachten die beiden und Michi verstand Spaß. Sie stellte sich also an eine Straßenlaterne, zog ihren Rock ein wenig hoch und zog demonstrativ an ihrer Zigarette. Wir hielten die Kamera drauf.

„Du stellst die Fragen“, sagte ich zu Theresa.

„Nein, du stellst die Fragen, ich muss da lachen“, sagte sie. Also gut. Ich nahm das Mikrofon und hielt es in die Kamera.

„Kamera läuft!“, sagte Theresa.

„Äh…“ Ich überlegte, wie ich meine Frage formulieren sollte. „Arbeiten Sie hier?“

„Natürlich, ich bin eine der vielen Prostituierten hier“, sagte Michi und ich musste mich anhand ihrer Stimmlage zusammenreißen, um nicht loszulachen.

„Und… was sagen Sie zum Verkehr am Südring?“

Ich biss mir auf die Lippe und unterdrückte das Prusten, das in mir aufstieg, während Theresa versuchte, so leise wie möglich zu lachen.

„Naja, das ist der beste Arbeitsplatz, je mehr Autos, umso besser!“

In dem Moment mussten wir abbrechen, weil wir alle nur noch lachten. Wir gingen zurück in den Kursraum und sollten am nächsten Tag unser Material zusammenschneiden.

Zwischen all den seriösen Beiträgen landete nun unserer. Eigentlich fand ich unseren Beitrag recht gelungen, immerhin gelang es uns, eine der positiven Seiten aufzuzeigen. Bei unseren Kollegen löste er viel Gelächter aus, der Kursleiter zeigte sich, logischerweise, weniger begeistert. Doch schlussendlich musste auch er grinsen und sagte in die Runde: „So Leute, jetzt habt ihr immerhin gleich gesehen, wie man es NICHT macht.“

Hier noch eine kurze Checkliste mit Dingen, die ihr nicht machen solltet, wenn ihr fernsehjournalistische Ambitionen habt:

  • Haltet nicht euren Hintern in die Kamera
  • Lacht beim Filmen nicht so sehr, dass das Bild verwackelt
  • Keine Kraftausdrücke vor laufender Kamera
  • Keine Prostituierten! Never ever!

Die Sache hat uns zwar womöglich nicht die beste Note hinterlassen, aber ein Gutes hatte es: Nun, fast ein Jahr später, habe ich immer noch ein Lächeln auf den Lippen, wenn ich am Südring entlangfahre. Selbst, wenn es sich mal wieder staut.

Eure Julie,

Die mit dem roten Lippenstift

*Namen von der Redaktion geändert
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5 Comments

  1. Carina
    7 Jahren ago

    Oh man, ich konnte mir gerade bildlich vorstellen, wie ihr da an diesem Südring steht und die Aufnahmen macht! 😀 Gibt es noch mehr lustige Geschichten aus dieser Ausbildungszeit? :))

    Reply
    1. diemitdemrotenlippenstift
      7 Jahren ago

      Gibt es sicher ;D wenn mir eine einfällt schreibe ich sie sofort auf 🙂

      Reply
  2. Lydia
    7 Jahren ago

    Mit dem Prinzip „Wir spielen unsere selbsterdachte Geschichte gleich selber“ hättest Du bei RTL richtig Karriere machen können. 😉 #verafake

    Reply
    1. diemitdemrotenlippenstift
      7 Jahren ago

      Vielleicht ist das ja meine wahre Berufung ? ich glaub ich schick gleich meine Bewerbung raus 😀

      Reply
  3. Lisa
    7 Jahren ago

    Erinnert mich ein wenig an Bridget Jones:-)

    Reply

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