In Mimimi-Montag

„Was? DAS isst du?“ | Der Mimimi-Montag

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Es ist mal wieder Montag und auch wenn der Herbst sich heute wirklich einwandfrei verhält und ich sogar schon über eine Stunde draußen spazieren war (was sonst äußerst selten passiert), lasse ich mir meinen Mimimi-Montag heute nicht nehmen. Der hat schließlich schon lang nicht mehr stattgefunden und in dieser Zeit staut sich dann doch ein bisschen was an. Die Männer kennen das.

Also, herzlich willkommen zu unserem Hassformat, das wir alle lieben!

 

Menschen, die sich neben dich setzen, obwohl woanders noch genügend Platz wäre

Letztens war ich mal wieder in der Uni. Die Motivation der ersten Semesterwoche hat mich erwischt und ich war fest entschlossen, wirklich jede Vorlesung mitzunehmen. So kam es, dass ich an einem verregneten Donnerstag-Nachmittag in einem Hörsaal saß und mir Notizen machte, anstatt zuhause auf dem Sofa zu sitzen und aufs Handy zu starren, während im Hintergrund der Fernseher läuft.

Ich hatte mir meinen Sitzplatz extra schön gewählt: Ich saß ganz am Rand, in der gesamten Reihe vor mir saß niemand, auf den Plätzen hinter mir war auch keiner, der mir unangenehm ins Genick atmen oder husten könnte und von meiner nächsten Nachbarin trennte mich ein freier Sitzplatz. Auch sonst war die Vorlesung angenehm leer und niemand fiel negativ auf.

Bis auf den Typen, der im nächsten Moment die Tür aufstieß. Dunkler Anzug, Sonnenbrille (an einem verregneten Oktobertag), fünf Liter Aftershave. Und wo setzte der Typ sich hin? Selbstverständlich. Zwischen meine Nachbarin und mich. Obwohl die gesamte Reihe vor uns frei war.

Ich war ziemlich genervt. In der Uni gelten schließlich dieselben ungeschriebenen Regeln wie bei den Laufbändern im Fitnessstudio oder bei Pissoirs: Man setzt oder stellt sich nur direkt neben eine andere Person, wenn es wirklich, wirklich, WIRKLICH nicht anders geht. Alles andere wird unter sexueller Belästigung oder zumindest unter unverschämter Distanzlosigkeit verbucht.

Als er mich dann auch noch mit einem Händedruck begrüßen wollte, wusste ich mir nicht anders zu helfen, als ihn mit einem unhöflichen „Ich möchte jetzt wirklich zuhören“ und einer hochgezogenen Augenbraue abzuweisen. Nach einer Viertelstunde stand er auf und ging. Und ich wusste, warum ich letztes Semester alle nicht prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen ausgelassen habe.

 

Foodshaming

„Was? Das isst du? Dir ist aber schon klar, wie viele Kalorien das hat, oder?“

„Pringles sind nicht mal richtige Chips, die haben noch nie eine richtige Kartoffel gesehen und sind reiner Mehlteig, das weißt du schon, oder?“

„Bevor du dir so einen Cocktail reinknallst, kannst du gleich eine Packung Zigaretten rauchen, ist nicht weniger schlimm für die Gesundheit.“

Was haben all diese Kommentare gemeinsam? Richtig, sie sind lästig, unnötig und bevormundend. Und sie kommen immer – und ich wiederhole, IMMER – ungefragt.

Ja, Sandra, ich weiß, dass ein Döner eine andere Kalorienbilanz hat als die mit Orangensaft getränkte Watte, von der du dich offenbar ernährst. Werde ich trotzdem den gesamten Döner essen, wenn mir danach ist? Aber sowas von. Und danach knalle ich mir meinen Blackberry Margarita rein und werde in meiner Alkoholrauchsucht danach ein halbes Päckchen Zigaretten alleine rauchen. Und zu keiner dieser Aktionen wird mich deine Meinung interessieren.

Es gibt allerdings Menschen, denen solche Kommentare durchaus nahe gehen und welche daraufhin ein gestörtes Essverhalten entwickeln.

Schon mal darüber nachgedacht, liebe Sandra, dass deine ungebetene Meinung zu meinem Essverhalten ungesünder sein könnte als jeder Döner, jeder Cocktail und jede Zigarette?

 

Menschen, die sich nur noch als „die Mama“ oder „der Papa“ bezeichnen, seit sie ein Kind haben

„Mutti hat heute mal frei und gönnt sich mit dem Papa ein schönes Bad!“, schreibt die liebe Corinna unter ihr neues Instagram-Foto. „Mutti“ ist übrigens Corinna selbst. Seit ihr Sohn Carsten geboren wurde, spricht sie von sich selbst nämlich nur noch in der dritten Person und hat das Wort „Ich“ verlernt und außerdem den Namen ihres langjährigen Freundes vergessen.

Ja, Corinna, uns ist auch schon anhand deiner tausend Kinderfotos auf Instagram aufgefallen, dass du jetzt ein Baby hast. Können wir jetzt bitte wieder ganz normal miteinander reden? Ich habe nämlich schon eine Mama und möchte gerne davon absehen, eine andere Person so anzusprechen.

Leute, die sich selbst als „Mutti“ bezeichnen, nennen ihr Auto auch „Knutschkugel“ und zwingen ihren Partner, es auch so zu bezeichnen und werden mit einer jüngeren Nicht-Mutti betrogen, sobald das Kind in der Pubertät ist. Meine Meinung.

 

Menschen, die sofort stehen bleiben, sobald sie aus öffentlichen Verkehrsmitteln aussteigen

Ein Phänomen, das mich ebenso fasziniert wie ärgert, ist, dass Menschen in letzter Zeit ungewöhnlich oft aus Bus, Zug und U-Bahn aussteigen und dann erst mal stehen bleiben. Und dann vielleicht auch noch beleidigt sind, wenn man sie „unabsichtlich“ anrempelt oder einem ein leises „Geh weiter, Gschissener!“ entfährt.

Ich meine, was denken sich solche Menschen?

„Ach, herrlich! Ich bin gerade um 17 Uhr an einem Montag am Praterstern aus der U1 ausgestiegen, hinter mir wollen auch noch hundert andere Menschen raus und mindestens ebenso viele wieder rein. Perfekter Moment zum Innehalten!“

Jo, fehlt nur noch, dass du vor lauter Entspannung den herabschauenden Hund machst und dir ein Furz entfährt. Kurzer Newsflash, weil es sich offensichtlich noch nicht herumgesprochen hat: Wenn man erst mal zehn Schritte geradeaus geht, ist man noch immer am Praterstern und nicht in St. Pölten. Man kann also durchaus den Weg freimachen, bevor man sich orientiert oder sich einfach nur freut, dass man den Schweißgeruch der pickeligen Teenager nicht mehr in der Nase hat.

 

Hach, war das mal wieder ein Montag! Ich hoffe, euer Tag war genauso schön wie meiner. Ich werde jetzt meine Wäsche waschen, weil mir das gute Laune macht und ich mich besser aufs Arbeiten konzentrieren kann, wenn ich weiß, dass meine Haushaltsgeräte auch was für ihr Geld tun. Ich hoffe, ich bin nicht die Einzige mit so einem Tick. Aber da es sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten gibt, halte ich das für unwahrscheinlich.

 

Eure Julie,

die mit dem roten Lippenstift

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2 Comments

  1. Armita
    4 Jahren ago

    Wie habe ich den mimimi Montag vermisst

    Reply
    1. Julie
      4 Jahren ago

      Hach, danke! Er kommt jetzt wieder regelmäßiger 🙂

      Reply

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