Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas mal passiert. Und letztens ist es passiert: Ich musste doch tatsächlich zum Radiologen. Anweisung vom Orthopäden. Zu dem ich übrigens auch das erste Mal in meinem Leben musste. Aber gut, man wird ja auch nicht jünger. Wundert mich eh, dass ich schon über ein Jahr mal mehr und mal weniger intensiv boxen gehe und noch nie eine Verletzung davongetragen habe, wenn man von einer aufgeplatzten Lippe absieht (falls sich hier gerade jemand angesprochen fühlt, schöne Grüße!).

Jedenfalls ist es letztens passiert: Einmal doof auf den Finger geschlagen, erst mal geflucht, dann ein paar Tränchen unterdrückt, dann lange ignoriert und schließlich ein Herz gefasst und einen Termin beim Orthopäden gemacht. Und bei Docfinder natürlich die rausgefiltert, bei denen man online Termine vereinbaren kann, um nicht anrufen zu müssen.

Auf jeden Fall war ich beim wohl nettesten Orthopäden der Welt, der mich gleich zum Radiologen geschickt hat. Und da stand ich nun in der Warteschlange. Um sieben Uhr morgens. Nach einer Vollmondnacht. Die Stimmung lässt sich mit zwei Worten beschreiben: Na bumm.

Wie man sich vorstellen kann, hat meine Anwesenheit den Altersdurchschnitt im Raum um gut zwanzig Jahre gesenkt. Da hörte ich eine Stimme hinter mir: „Was kann ein junges Mädel wie Sie schon haben?“

Ich wollte mich zu dem älteren Herrn, dem die Stimme gehörte, umdrehen, und ihm sagen, dass er mich um diese Uhrzeit besser nicht ansprechen sollte, da redete er weiter: „Lassens mich raten, Sie haben eine Sportverletzung. Oder irgendwas anderes, ganz Jugendliches. Stimmt’s?“

Okay, er schmeichelte mir. Go ahead, Opi, darfst weiterreden! Also habe ich den netten Herren in seinem Glauben bestätigt und dann fragte er plötzlich: „Sind Sie Waage oder Wassermann?“

„Bitte?“

„Wissens, mein Hobby war schon immer die Astrologie. Ich hab über die Zeit so ein Gespür dafür entwickelt, welches Sternzeichen die Leute haben können. Und Sie haben so ein feines, zartes Gesicht, das spricht für Waage oder Wassermann. Also, was sind Sie?“

„Krebs.“

„Oh. Da habe ich mich ja ordentlich verschätzt. Aber sehr schön! Der Krebs ist gemacht für die Liebe!“

Ich hätte nie gedacht, dass ich um sieben Uhr früh zu einem ehrlichen Lachkrampf fähig sei, aber man lernt ja nie aus.

„Das glaube ich momentan eher weniger.“

„Ja wissen Sie, was das Problem ist? Kein Mann weiß einen Krebs zu schätzen!“, predigte er. Dann funkelten seine Augen und er fügte hinzu: „Bis er dann weg ist. Dann kommen sie immer drauf, dass sie nichts Besseres mehr finden werden.“

Ich dachte kurz über mich selbst nach. Ja, der Mann könnte durchaus recht haben.

„Aber Sie sind ja noch so jung. Beim Krebs dauert das immer ein bisschen. Wie alt sinds denn? 19?“

„Jetzt wollen Sie mich aber anbaggern!“

„Meine Liebe, ich bin 82 Jahre alt, ich tu nicht mehr flirten. Wenn ich 50 Jahre jünger wär, würd ich Ihnen den Hof machen, aber ich bin ehrlich zu mir selbst und weiß, dass ich mein Glück wenn überhaupt bei Ihrer Großmutter versuchen kann. Also, wie alt sind Sie?“

„Ich bin gerade 24 geworden.“

„Na eh noch so jung! Beim Krebs beginnt das mit der Liebe erst so ab 27!“

Na dann bin ich mal gespannt. Also an all meine Verwandten, die mich fragen, wann ich endlich mal jemanden nach Hause bringe: Für 2022 schaut’s ganz gut aus!