In Mimimi-Montag

Steiger dich da nicht so rein! / Der Mimimi-Montag

Servus und juten Tach! Die Wahlwienerin meldet sich heute mal aus Berlin. Ja, ich weiß, in letzter Zeit bin ich extrem oft in der Hauptstadt und könnte mir kaum etwas vorstellen, das mir lieber wäre. Da meine Liebe zu Berlin, seinen Einwohnern und den hammermäßigen Shopping- und Essensgelegenheiten zuletzt wieder neu entfacht wurde, habe ich momentan wohl wenig Anlass zur Beschwerde – außer vielleicht, dass diesmal niemand dabei ist, den ich wirklich mag. Aber dies wäre ja kein Mimimi-Montag, wenn ich nicht die letzte Woche reflektieren und mich ein wenig darüber auslassen würde, oder? Herzlich willkommen!

Kann man Talent kaufen?

Gerade in verschiedenen Facebookgruppen lese ich so unendlich oft Beiträge der Art „Boah, meine Kamera ist soooo schlecht, die macht nur schlechte Bilder! Kann mir jemand eine Alternative zu meiner Canon EOS 5D Mark IV empfehlen?“ Und jedes Mal wieder verdrehe ich die Augen darüber. Diese Menschen haben meist eine wirklich richtig geile Kamera, die garantiert alles andere als schlechte Bilder macht – vorausgesetzt, man kann sie bedienen.

Und wenn es mit einer wirklich geilen Kamera nicht hinhaut, gute Bilder zu machen, würde es dann nicht nahe liegen, das Problem beim Faktor Mensch zu suchen? Vielleicht ist die Kamera falsch eingestellt oder du hast einfach kein gutes Auge für Fotos? Ich sag doch auch nicht: „Boah, meine Geschichten sind so scheiße, kann mir jemand ein gutes Schreibprogramm empfehlen?“ Für Talent gilt dasselbe wie für guten Geschmack: Man kann es nicht kaufen.

Weißt du denn nicht, was da alles drin ist?

Es gibt drei Getränke in meinem Leben, die ich hauptsächlich konsumiere: Das sind Tee mit Milch, Wein und Coke Zero. Gerade für letztere darf ich mich ungefähr einmal pro Woche rechtfertigen, denn immer mal wieder kommen irgendwelche Menschen auf mich zu, die mich mit meiner Coladose in der Hand sehen, die Nase rümpfen und dann etwas von sich geben wie: „Also, ich könnte das ja nicht mehr trinken. Weißt du denn nicht, was da alles drin ist? Ich sag nur Aspartam. Was das im Körper auslöst, ist ja echt schon gemeingefährlich. Und abnehmen tut man davon auch nicht, blablabla, irgendwas mit Insulinspiegel, blablabla, irgendwas mit Schönheitswahn und du bist doch eh so schlank, mimimi.“

Newsflash, liebe Tanja: Ich trinke kein Coke Zero, um abzunehmen. Ich trinke es tatsächlich, weil es mir besser schmeckt als die normale Variante. Ja, so etwas soll es geben. Und ja, Aspartam ist nicht gesund. Aber lass das bitte mal meine Sorge sein, irgendwann werden wir sowieso alle sterben. Außer die Queen, die überlebt uns noch alle.

Menschen, die nur labern, um gesprochen zu haben

Zwar tippe ich diesen Post im Voraus, aber ich weiß jetzt schon, dass ich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung die Augen so stark verdrehen werde, dass meine Volksschullehrerin sich Sorgen gemacht hätte, dass sie stecken bleiben könnten. Der Grund ist, dass ich diesmal keinen Urlaub in Berlin mache, sondern eine Exkursion, bei der wir auf zahlreiche etablierte Journalisten und Menschen, die irgendwas in der Regierung zu tun haben, treffen werden. Und lasst euch eines von jemandem gesagt sein, der es wissen muss: Es gibt kaum unerträglichere Leute. Und das sage ich als Journalistin.

Journalisten haben an sich die Aufgabe, möglichst viel Info aus ihrem Gegenüber rauszuquetschen. Was viele bei diesen Exkursionen jedoch tun, ist, so viel wie möglich selbst zu labern, ohne dabei wirklich etwas beizutragen. Die Hauptsache ist, dass man sich irgendwie bemerkbar gemacht und unter Beweis gestellt hat, dass man mit vehementem Nicken ein „Genau, das habe ich damals auch schon geschrieben!“ oder ein entrüstetes „Wahnsinn, was sich die erlauben!“ vernehmen lassen kann. Und dann kommen immer diese Kommentare, die genau das widergeben, was der Vortragende schon vor Ewigkeiten in anderen Worten gesagt hat, nur um sich als intellektueller darzustellen, als man eigentlich ist. Das einzige, was man damit unter Beweis stellt, ist, dass man unfähig ist, zuzuhören. Und bevor diese Frage auftaucht: Ich bin wegen Berlin mitgefahren. Weil ich Menschen hasse, aber Berlin liebe.

Steiger dich da nicht so rein!

Oh, meine liebe Anna, wenn du mich so richtig aufregen willst, sagst du mir, dass ich mich in irgendetwas nicht reinsteigern soll! Dieser Satz lässt meinen Puls rasen und meinen Blutdruck steigen und mein Mittelfinger kriegt einen Ständer. Ich kann mich wirklich an kein einziges Mal erinnern, an dem es mich nicht sauer gemacht hat, diesen Satz zu hören. Ich will mich jetzt verdammt noch mal darüber aufregen, dass es in Wien keinen Victoria’s Secret Laden gibt, dass mich mein Sozialleben abfuckt oder dass Jared Leto nicht weiß, dass ich existiere. Und wenn du eine gute Freundin bist, regst du dich mit mir auf. Oder du gibst zumindest vor, gerade kein Internet zu haben, wenn dir meine Probleme aufn Arsch gehen. Aber sag mir nie – ich wiederhole, NIE – dass ich mich irgendwo nicht reinsteigern soll. Denn damit erhöhst du nur die Wahrscheinlichkeit, dass ich meine Faust in dein Gesicht reinsteigere!

So, nun hoffe ich, dass ich heute an einem Ort sein werde, an dem der Wein in Strömen fließt. Ansonsten werde ich mit einer Flasche Berliner Kindl am Brandenburger Tor sitzen und mir Gedanken über meine Existenz machen. Oder einfach nur Inspiration für den nächsten Mimimi-Montag suchen. Denn glaubt mir, der nächste Mimimi-Montag wird kommen. Ich freu mich schon drauf. Bis dahin verratet mir doch, was euch diese Woche aufgeregt hat.

Eure Julie,

Die mit dem roten Lippenstift

 

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4 Comments

  1. Nicci Trallafitti
    6 Jahren ago

    Liebe Julie,
    wie immer ein sehr witziger, aber auch einfach wahrer Beitrag.
    Vor allem dieses „Weißt du was DA alles drin ist?“ Ach nee, echt? Meistens sage ich auch genau das: wir werden alle sterben. Und meistens ist dann Ruhe, weil was sollen diese hobby Ernährungsspezialisten darauf auch sagen.

    Liebe Grüße,
    Nicci

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    1. Nicci Trallafitti
      6 Jahren ago

      PS. ich werde häufig gefragt, womit ich fotografiere. Wenn ich dann sage „mit dem Handy“ sind die meisten heftig irritiert, weil meine Fotos gar nicht mal so kacke aussehen 😀
      Auch da gebe ich dir recht, entweder man hat da ein bisschen das Auge für und kann viel raus holen oder halt nicht. Wichtig ist eigentlich nur gutes Licht, da helfe ich nach.

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  2. bewegend-begeistern
    6 Jahren ago

    Mich regt die Scheiss ME TO Debatte auf!!!! Wird jetzt gleich alles anderes nur weil es öffentlich gemacht wird? Och ja, genau, die Bösen bekommen ein schlechtes Gewissen und tun es sicher nicht mehr, und die „Geschädigten“ haben Lebenslang einen Knacks weg. Wovon reden die überhaupt? Ich nehme doch schwer an, das es nicht um Gewaltverbrechen geht. Das lernt man schon im Kinderagarten der Kirchen. Wenns um Gegrabsche geht, geb ich Nina Proll recht: Was wenn ihnen der Typ gefallen hätte? So jetzt erwarte ich einen Shitstorm, weil Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.
    lg mimimi ingrid

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    1. Julie
      6 Jahren ago

      Hier muss ich dann aber doch widersprechen, denn ich finde, die #metoo Debatte hat einen ernsten Hintergrund. Klar, es wird nicht von heute auf morgen nicht mehr passieren, nur weil man es öffentlich macht, aber man setzt damit ein Zeichen und zeigt anderen: Hey, du bist nicht allein, ich hab dasselbe hinter mir und wir stellen das jetzt zusammen an den Pranger und machen darauf aufmerksam, dass es nicht okay ist. Ich finde die Debatte absolut wichtig. Und ich sag mal so: Niemand hat das Recht, jemanden anzugrabschen, nur weil vielleicht die Chance besteht, dass man derjenigen auch gefällt.

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